Verkaufskatapult Modul 6c: Marketing (Kampagnen)

Von der Marketing-Kampagne zum Marketing-System

Grundsatzentscheid für Marketing-Kampagnen

Nachdem Sie zahlreiche Marketing-Instrumente kennengelernt und mit Hilfe weiterer Quellen im Internet darüber recherchiert haben, gehen wir nun tiefer in die Praxis. Unsere Marketing-Praxis beruht auf diesen drei wichtigen Grundsätzen:

  1. Statt einer einzelnen Marketingaktion führen wir immer eine mehrstufige Kampagne durch. Alles andere ist lediglich verschwendetes Geld!
  2. Wir bewerben niemals das ganze Sortiment oder eine grosse Lösung, sondern starten klein mit der Affenfaust!
  3. Was immer wir an Marketing-Aktionen entwerfen, wir machen ein wiederverwendbares, kopierbares System daraus!

Diesen drei Grundsätzen sind die nächsten Abschnitte gewidmet.

Die mehrstufige Marketing-Kampagne

Nur schon aufgrund der Vielzahl der täglich auf uns einprasselnden Werbebotschaften ist es sehr unwahrscheinlich, dass der potenzielle Kunde sich für einen Brief, eine Email oder einen Social-Media-Eintrag von uns interessiert. Dies selbst dann, wenn wir eine ausgefallene Idee haben, wie wir unsere Werbebotschaft präsentieren können.

Und wenn jemand die erste Botschaft bewusst wahrnimmt, ist es bei weitem keine Garantie dafür, dass er darüber nachdenkt oder gar zum Hörer greift, um das Produkt zu kaufen. Studien belegen, dass es 5 oder mehr Trigger braucht, ehe ein Interessent sich mit der angebotenen Lösung beschäftigt.

Mehrfache Trigger-Notwendigkeit gilt ebenso für den direkten Kontakt zwischen Verkäufer zu Interessent und erst recht im Umfeld erklärungsbedürftiger Produkte. Daher ist die Hartnäckigkeit des Verkäufers gefordert – und eine mehrstufige Marketing-Aktion. Die Kampagne ist dabei zusammengesetzt aus mehreren der oben beschriebenen Elemente, und jedes der Elemente ist aufeinander abgestimmt.

Nehmen wir an, wir starten mit der Markteinführung einer Innovation. In drei Monaten wollen wir dies an einer Fachmesse vorstellen und haben über eine Kundenanalyse bereits Zielpersonen ermittelt, die das Produkt unbedingt kennenlernen sollten. Dann kann die gesamte Marketing-Kampagne so aussehen, wie im Bild gezeigt:

Die Mehrstufigkeit der Kampagne ist sofort ersichtlich, sowohl vertikal als auch horizontal. Damit und mit der Auswahl der voraussichtlich richtigen Personen, kombiniert mit guten, wertvollen Informationen und Geschenken (hier in Form der kostenfreien Eintrittskarten), steigt die Wahrscheinlichkeit, dass unser Interessent sich mit der Angelegenheit beschäftigt. Dies umso mehr, je mehr er entweder im Wachstums- oder im Problem-Modus ist. Der Messebesuch, der das erste Ziel der Kampagne ist, ist natürlich eine Handlungsaufforderung. Wenn die Zielperson dazu bereit ist, treffen wir uns mit ihr auf neutralem Boden und können eine erste sehr gute Bedarfsabklärung machen.

In der nächsten Stufe der Kampagne fassen wir nach mit dem zweiten Ziel, dem Besuch beim Kunden.

Während das grosse Ziel der Kampagne sein muss, Interessenten zu gewinnen und sie in kaufende Kunden zu verwandeln, kann jeder Kampagnen-Baustein ein eigenes Ziel verfolgen. Wichtig ist, dass wir die komplette Marketing-Aktion vorher beschreiben, Ziele festhalten, Budgets planen und die jeweiligen Zeiträume je Baustein definieren.
Jede Marketing-Teilaktion muss messbar sein und entsprechend ausgewertet werden. Daran erkennen wir, ob es eine wachsende Anzahl von Feedbacks aus dem Teilnehmerkreis gibt, mithin das Interesse für das Produkt kontinuierlich steigt.

Zuletzt noch ein guter Tipp: es empfiehlt sich, die einzelnen Bausteine vor dem Start der Kampagne komplett ausgearbeitet zu haben, z.B. alle Brief-Texte sind fertig, die online Tools programmiert, Telefon-Skripte erstellt und Adressen erfasst. Sonst kann es leicht passieren, dass im Tagesgeschäft die nächste Teilaktion aus Zeitgründen immer wieder verschoben werden muss. Irgendwann ist die Wirksamkeit der Aktion dann verpufft.

Die Affenfaust

Die Affenfaust ist ein genialer Marketing-Ansatz. Der Name rührt von der Art und Weise her, wie neugierige Affen gefangen werden. Statt hinter den flinken Affen herzujagen, braucht der Jäger nur ein Astloch oder ein ähnlich geartetes Loch, in das bequem die Hand des Äffchens passt. In dieses Loch legt der Jäger unter Beobachtung seiner potenziellen Opfer einen Gegenstand. Die neugierigen Affen werden sich, sobald der Jäger gegangen ist, diesen holen wollen. Sobald der Affe zugreift, lässt er nicht mehr los – auch dann nicht, wenn der Jäger zurückkommt. Sofern das Loch die passende Grösse hatte, bekommt der Affe seine geballte Faust nicht mehr hindurch. Er kann nicht mit der Beute weglaufen und der Jäger kann in aller Seelenruhe den Affen in Gefangenschaft nehmen!

Es ist die Neugier, die die Menschen treibt. Diese Neugier muss auf einen „überschaubaren“ Gegenstand gerichtet sein, etwas, das idealerweise gratis abgegeben werden kann. Selbstverständlich muss dieser Gegenstand nützlich sein und etwas mit der Anwendung unseres Produkts zu tun haben. Der Kunde soll es ausprobieren und mehr davon haben wollen!

Zahlreiche Firmen sind mit diesem Konzept gross geworden. Cisco Systems z.B. hat in seinen frühen Jahren, als Netzwerke aufkamen, Gratismuster seiner Router an Systemadministratoren versendet. Die waren so begeistert davon, dass sie ihr ganzes Netzwerk damit auszustatten wollten – in kürzester Zeit war Cisco Weltmarktführer.

Ein anderes Beispiel ist Microsoft. Das MS-DOS-Betriebssystem wurde zunächst auf jedem IBM-PC vorinstalliert, vordergründig gratis. Damit verbreitete es sich so rasant, dass Microsofts Betriebssystem zum Standard wurde. Die Basis für eines der wertvollsten Unternehmen der Welt war gelegt und Microsoft konnte danach viele weitere Produkte mit hohen Lizenzeinnahmen massenhaft verkaufen.

Wir überlegen uns, was wir einem Interessenten kostenfrei abgeben können und bewerben dies in einer mehrstufigen Kampagne. Bei erklärungsbedürftigen, grossen, komplexen Lösungen ist eine Demo-Test-Version ein erster guter Ansatz, damit der Anwender sich damit vertraut machen kann. Je geringer seine – und unsere – Einstiegshürde, desto besser!

Muss die Affenfaust immer kostenfrei sein? Nein! Doch je geringer der Aufwand für den Kunden ist, desto besser. Denken wir zurück an die verschiedenen Einkäufertypen. Wenn ein Anwender zuerst ein Budget für das Demoprodukt beantragen muss, wird es kompliziert. Dann muss der Ökonom bereit sein, zu investieren. Ist ein Demoprodukt nach jedem Test (und Rückgabe) wiederverwendbar, umso geringer sind Aufwand und Kosten für uns.

Das Motto der Affenfaust ist, „spitz in den Markt gehen und danach die ganze Produktpalette nachziehen“. Das ist genau das Prinzip der Engpasskonzentrierten Strategie bzw. die Konzentration auf den wirksamsten Punkt, über das wir in Modul 3 Firmenanalyse gesprochen haben.

Das Marketing-System

Systemisieren Sie Ihr Business – das ist eines der besten Berufsstrategien überhaupt! Ob im Verkauf oder wie hier im Marketing, stellen Sie stets sicher, dass Sie Ihre Aktivitäten systemisieren. Doch was bedeutet das konkret?

Systemisieren heisst im Grunde nichts anderes, als eine Schritt-für-Schritt-Anleitung jeder wiederkehrenden Arbeit zu erstellen. Jeder Arbeitsschritt wird erfasst, dokumentiert und Ergebnisse, die erzielt werden sollen, schriftlich festgehalten. Damit beschreiben wir die Arbeit als einen Prozess, bei dem jede Aktivität einen definierten Anfang und ein ebenso definiertes Ende hat. Ist der Prozess beschrieben, haben wir eine Arbeitsanweisung in Form einer Checkliste vorliegen.

Die Checkliste hilft uns, die genau gleichen Arbeitsschritte mit den genau gleichen Ergebnissen jederzeit reproduzieren zu können. Aber nicht nur wir können das dann, sondern jeder, der diese Checkliste hat und auf deren Verwendung bzw. Arbeitsschritte er geschult ist. Das ist für viele Menschen in leitender Stellung übrigens der Hauptgrund, warum sie sich vor der Systemisierung fürchten. Ihre Arbeit können dann andere übernehmen und sie sind entbehrlich. Das ist ein Zeichen mangelnden Selbstbewusstseins und wir gehen davon aus, dass das für Sie nicht gilt! Der oben genannte Nachteil ist nämlich der Hauptvorteil der Systemisierung!

Dieser Hauptvorteil liegt darin, dass stets (nahezu) gleiche Ergebnisse erzielt werden, egal wer die Arbeit macht. Für uns liegt der Vorteil darin, dass wir die Arbeit jederzeit abgeben können. Das kommt beispielsweise dann in Frage, wenn wir Mitarbeiter einstellen. Oder, wenn wir mit einem weltweiten Vertriebsnetz arbeiten, erstellen wir die Marketing-Kampagnen einmal und lassen sie dann in den Regionen kopieren.

Franchising ist die Überschrift des systemisierten Business. Das bekannteste Franchise-System ist sicherlich McDonalds. Die Firma hat verstanden, dass sich das immer gleiche Restaurant-Erlebnis weltweit nur dann erzielen lässt, wenn genaue Anweisungen gegeben werden.

Bei McDonalds ist detailliert beschrieben, wie Burger zu braten sind, Pommes Frites zu frittieren und zu salzen etc. Alles wird akribisch ausgearbeitet. Da das System von jedem Restaurant verwendet werden muss, sind die Ergebnisse je Restaurant immer gleich. Es liegt auf der Hand, dass der Kunde weiss, was ihn erwartet, keinerlei (meist negative) Überraschungen erlebt und – für die, die es mögen – er genau deshalb zu McDonalds fährt.

Um eine Vorstellung für das Systemisieren zu geben, hier ein Beispiel einer Checkliste, mit deren Hilfe eine Fachmesse geplant wurde:

Es geht somit um das Systemisieren, damit wir kopieren und delegieren können. Jede neue Marketing-Kampagne erweitert unser System. Zum System gehören:

  • alle Checklisten
  • alle Brief-, Email- oder ganz allgemein Werbetexte (Texte werden so zu wiederverwendbaren Textbausteinen)
  • Bilder
  • Präsentationen
  • sonstigen Bestandteile der Marketingaktionen

So erstellen und erweitern wir unsere Bibliothek der Marketing-Bausteine. Für jede neue Kampagne schöpfen wir aus diesem Fundus!

Das Systemisieren kostet natürlich Zeit, jedenfalls anfangs. Diese Zeit holen wir doppelt zurück, wenn das System einmal ausgearbeitet ist und immer wieder verwendet wird oder, wenn jemand anderes sich zukünftig um unsere Kampagnen kümmert.

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